Fakten zu Kinderarmut in Deutschland: Aktuelle Lage und Perspektiven
Mehr als nur Zahlen –
die unsichtbaren Folgen für unsere Jüngsten
Ein Blick auf die Realität
Kinderarmut lässt sich nicht nur in Zahlen ausdrücken. Denn das verfügbare Einkommen der Eltern, der Wohnort oder die Quadratmeterzahl des Kinderzimmers sagen wenig über das Erleben des einzelnen Kindes aus. So kann ein Kind zufrieden, froh und emotional reich sein, wenn es in einfachen Verhältnissen aufwächst und dabei viel Liebe und Zuwendung der Eltern erfährt. Und ein Kind, das zwar materiell versorgt ist, aber ohne Herzenswärme der Eltern oder anderer Betreuungspersonen leben muss, empfindet das Leben unter Umständen nicht positiv.
Vor diesem Hintergrund sind alle auf dieser Seite dargestellten Zahlen, Fakten und Statistiken zum Thema Kinderarmut zu betrachten und sollten nicht als einziger Indikator herangezogen werden, wenn der Bedarf an Unterstützung bestimmt werden soll, den ein Kind in einer bestimmten Situation benötigt.
Statistische Daten zur Kinderarmut in Deutschland
Laut dem Factsheet der Bertelsmann-Stiftung von 2021 zur Kinder- und Jugendarmut gelten in Deutschland:
2,88 Millionen Kinder unter 18 Jahren und 1,55 Millionen junge Erwachsene (18 bis unter 25 Jahre) als armutsgefährdet. Das bedeutet, dass mehr als jedes fünfte Kind von Armut bedroht ist.
Besonders betroffen sind Kinder in Alleinerziehenden- und Mehrkindfamilien. Die Armutsgefährdungsquote für Alleinerziehende liegt bei 41,6 %, während sie für Paarfamilien mit drei und mehr Kindern 31,6 % beträgt.
Bei den jungen Erwachsenen unter 25 Jahren ist sogar jeder Vierte armutsgefährdet, wobei Frauen stärker betroffen sind als Männer.
Regionale Unterschiede und besondere Betroffenheit
Kinder gelten als arm, wenn sie staatliche Unterstützung für Wohnen, Essen und Kleidung bekommen.
Von Kinderarmut besonders gefährdete Gruppen
1,6 % der Kinder alleinerziehender Eltern gelten als arm.
Kinder mit Migrationshintergrund sind 2,4-mal häufiger arm als andere Kinder.
1,6 % der Kinder aus Familien mit mindestens drei Kindern gelten als arm.
Armutsverteilung in Stadtteilen –
am Beispiel Essen
Die Deichmannstiftung engagiert sich besonders im Ruhrgebiet, da die Familie Deichmann aus Essen stammt und sowohl das Unternehmen Deichmann als auch die Stiftung hier ihren Sitz haben.
In Städten wie Essen zeigt sich, wie unterschiedlich die Verteilung von Einkommen innerhalb einzelner Stadtteile sein kann – mit Menschen, die in wohlhabenderen, mittleren oder von Armut betroffenen Vierteln leben. Diese ungleiche Verteilung führt zu Konzentrationen von Armut, die das Leben der Kinder stark beeinflussen. Eine hohe Armutskonzentration wirkt sich aus mehreren Gründen negativ auf ihre Entwicklung und Zukunftsperspektiven aus:
Kinder in armen Stadtteilen erleben oft soziale Isolation und Stigmatisierung. Sie wachsen in Umgebungen mit hoher Kriminalität, Arbeitslosigkeit und Drogenmissbrauch auf. Das kann Hoffnungslosigkeit verursachen und geht häufig mit einem Mangel an positiven Vorbildern einher.
Schulen in armen Stadtteilen sind oft schlechter ausgestattet und unterfinanziert. Das bedeutet größere Klassen, weniger Lehrer und mangelhaftes Lernmaterial. Diese Rahmenbedingungen beeinträchtigen die Bildungschancen und führen zu schlechteren schulischen Leistungen.
Der Zugang zu qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung ist für Menschen in ärmeren Stadtteilen oft eingeschränkt. Das führt dazu, dass Krankheiten häufiger unbehandelt bleiben und sich akute zu chronischen Gesundheitsproblemen entwickeln können.
Hohe Kriminalitätsraten in armen Stadtteilen setzen Kinder häufiger Gewalt aus. Das hat oft negative psychologische Folgen. Hinzu kommt, dass Eltern die Bewegungsfreiheit der Kinder vorsorglich einschränken oder Kinder aus Angst das Haus seltener verlassen, als Kinder in sicheren Vierteln.
Leben in einem von Armut geprägten Umfeld führt zu chronischem Stress, verursacht durch Unsicherheit, familiäre Spannungen und Benachteiligung. Das beeinflusst die psychische und emotionale Entwicklung der Kinder negativ.
Die Armutskonzentration in einem Stadtteil verschärft die Probleme der individuellen Armut und erfordert umfassende Maßnahmen, um Kindern bessere Zukunftsperspektiven zu bieten.
Anteil der unter 18-Jährigen in Essen, die existenzsichernde Leistungen erhalten
(Stand: 2022)
Ursachen und Folgen für Kinderarmut
Die Gründe und ihre weitreichenden Konsequenzen
Ursachen für Kinderarmut:
- Arbeitslosigkeit der Eltern
- Niedrige Löhne
- Fehlende Bildung der Eltern
- Erkrankungen der Eltern
Folgen der Kinderarmut:
Schlechtere Bildungschancen und Schulabschlüsse
- Kein Zugang zu gut ausgestatteten Schulen und qualitativ hochwertigen Bildungsangeboten.
- Langfristig schlechtere schulische Leistungen und geringere Abschlüsse.
Gesundheitsprobleme
- Eltern aus finanziell gut gestellten Familien geben mehr für Gesundheit ihrer Kinder aus.
Arme Kinder sind gesundheitlich benachteiligt.
Soziale Isolation und Stigmatisierung
- Seltene Möglichkeit, Freundschaften zu schließen oder an Gemeinschaftsaktivitäten teilzunehmen.
- Negative Beeinflussung der sozialen Entwicklung.
Geringere Zukunftsaussichten
- Kombination aus schlechteren Bildungschancen, Gesundheitsproblemen und sozialer Isolation.
- Aufwachsen in einem Umfeld, das Entwicklung und Chancen auf ein erfolgreiches Leben einschränkt.
- Stark reduzierte Möglichkeiten, später im Leben erfolgreich zu sein.
Investitionen in Kinder:
Warum Deutschland von Kanada und Dänemark lernen muss
Um die langfristigen negativen Auswirkungen von Kinderarmut zu bekämpfen, sind umfassende politische Maßnahmen wie die Einführung einer Kindergrundsicherung und eine Reform des BAföG erforderlich, um sicherzustellen, dass alle Kinder und Jugendlichen gleiche Chancen auf eine gesunde und erfolgreiche Zukunft haben.
UNICEF Deutschland hat das Institut der deutschen Wirtschaft mit einer Analyse der staatlichen Ausgaben für Kinder beauftragt. Das Gutachten „Investitionen in Kinder wirkungsvoll gestalten“ zeigt, wie Deutschland bisher in Kinder investiert, warum andere Länder ihre Investitionen teils wirkungsvoller einsetzen und was Deutschland daraus lernen kann. Hier sind die Ergebnisse der Studie auf einen Blick:
Ineffiziente Investitionen in Kinder:
- Deutschland investiert weniger effizient in Kinder als andere Länder wie Kanada und Dänemark, obwohl es vergleichbare oder sogar höhere finanzielle Mittel aufwendet.
Geringe Investitionen in Bildung:
- Deutschland gibt im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) sehr wenig für die Primarstufe und Sekundarstufe I aus – weniger als alle anderen OECD-Länder.
Schlechte Bildungsergebnisse:
- Ein hoher Anteil deutscher Schüler erreicht nicht die Mindestanforderungen in Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen (29,5 % der 15-Jährigen). Die Bildungsungleichheiten sind im internationalen Vergleich besonders ausgeprägt.
Gesundheits- und Sozialisationsergebnisse schlechter als EU-Durchschnitt:
- Deutsche Kinder und Jugendliche sind häufiger adipös (6,3 % gegenüber dem EU-Durchschnitt von 4,9 %) und werden häufiger einer Straftat verdächtigt.
Notwendigkeit einer effektiveren Kindergrundsicherung:
- Eine wirksame Kindergrundsicherung wird als notwendig erachtet, um die Armut von Kindern und Jugendlichen zu bekämpfen und ihnen gleiche Chancen zu ermöglichen.
Konkret empfohlene Maßnahmen:
- Ausbau kompensatorischer Bildungsarbeit und gezielte Förderung von Schulen mit hohem Unterstützungsbedarf.
- Verkleinerung von Klassen und der Einsatz von Zweitkräften in Schulen.
- Einführung einer systematischen Kinder- und Jugendberichterstattung und einer Bundesstiftung zur langfristigen Förderung von Bildung und Betreuung.
Langfristige wirtschaftliche Vorteile von Investitionen in Kinder:
- Das „Startchancen-Programm“ zeigt, dass gezielte Investitionen in benachteiligte Schüler langfristig erhebliche fiskalische Vorteile bringen können (potenzieller Nutzen von bis zu 365 Milliarden Euro bei einer Ausweitung des Programms).
Empfehlung für höhere Priorisierung von Investitionen in Kinder:
- UNICEF fordert, dass Investitionen in Kinder und Jugendliche stärker priorisiert und effektiver gestaltet werden sollten, um ihre Chancen und ihre gesellschaftliche Teilhabe zu verbessern.
Fazit:
Investitionen zahlen sich aus.
Kinder sind – auch ökonomisch – die Zukunft unserer Gesellschaft.
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